Glauben ist ganz einfach — wenn man nicht muss!!!

Anregungen für eine befreite Spiritualität

  • Dieser Beitrag behandelt das Buch von Martin Schultheiss und Fabian Vogt ...
    wenn Dir das Christentum oft verkrampft, hart und lustlos vorkommt,
    und wenn du manchmal das Gefühl hast, Du kämpfst gegen Windmühlen oder wenn Dich da und dort die Ahnung heimsucht - Gott könnte vielleicht doch anders sein als das Bild, dass Du Dir so insgeheim aufrecht erhältst?

Ab hier längere oder kürzere Zitate - Themen werden von den Autoren im Buch umfassender und detailierter erklärt, als ich das hier kann und darf!
Weiter unten kommt Oma Hilde zu Wort, bitte auf alle Fälle lesen!

mit freundlicher Genehmigung des Verlages
©2007 by Joh. Brendow & Sohn Verlag GmBH, Moers
aus: Martin Schultheiss/Fabian Vogt, Glauben ist ganz einfach - wenn man nicht muss

vogt

Viele sehnen sich nach leidenschaftlicher Spiritualität. Doch in der Praxis erleben sie das Christentum oft ganz anders, nämlich als lustlos, belastend oder gar irrelevant - und meist an irgendwelche Bedingungen geknüpft. Davon, dass der Glaube «zur Freiheit befreit», wie es in der Bibel heißt, ist nur selten etwas zu spüren.

buch
Fabian Vogt
 

Ich setze Liebe mit Freiheit gleich. Die Liebe zu Gott kann nicht durch Gebote, sondern nur durch einen Akt der Willensfreiheit bewirkt werden. - Isaac B. Singer

Wo der Geist Gottes wirkt, da ist Freiheit. 2. Kor. 3,17

Jesus Christus hat uns zur Freiheit befreit! Daran müsst ihr festhalten. Lasst euch ja nicht wieder durch irgendetwas versklaven. Gal.5,1

Ein Christentum, dass nicht freimacht, hat mit Jesus wenig zu tun.

Jesus hat ziemlich selbstbewusst gesagt: "Wenn ich als Sohn Gottes euch frei mache, dann seid ihr wirklich frei." Joh. 8, 36

Glauben hat grundsätzlich mit einem Gewinn an Lebensqualität zu tun.

Ein "Du musst" macht auf Dauer krank, weil es ein Leben unter Erwartungsdruck setzt und alles Gute von der Erfüllung irgendwelcher Bedingungen abhängig macht.

Als "heilig" galten auf einmal nicht mehr nur Gott und seine Botschaft, sondern auch die Musik, die Liturgie, die Sprache, der Altar, die Kirchenbänke, die Hierarchie und die Talare.

Die Aufklärung betonte vor allem einen Grundgedanken: "Wage es, selbst zu denken."

Kein Mensch, keiner von uns kann die Welt retten. Und das muss er auch nicht. Das mit der Weltrettung ist Gottes Sache.

Die Lust, das Evangelium weiterzusagen und anderen Menschen von Gott zu erzählen, sollte immer die Folge eines gesunden Glaubens sein, niemals ein Zwang.

Glaube breitet sich aus, wenn er Menschen frei macht. Es gehört zum Wesen des Glaubens, dass er ansteckt - und nicht erobert.

Schon kleinen Kindern wird eingetrichtert, dass Gott nur darauf wartet, dass sie einen Fehler machen: "Achte genau darauf, was du tust, denn sonst verspielst du dir den Himmel."

Der Druck, perfekt zu leben, um Gott zu gefallen, kann richtig krank machen.

Kein Mensch kann sich den Himmel verdienen, Auch nicht mit dem "heiligsten" Leben der Welt.

Jeder, der meint, er müsse den Glauben retten, hat nicht verinnerlicht, dass es um etwas ganz anderes geht: nämlich darum, dass der Glaube ihn retten will.

Gott kann gut auf sich selbst aufpassen.

Ein gesegneter Mensch bekommt nicht automatisch ein besseres Leben, aber auf jeden Fall die Kraft, mit dem Leben besser umzugehen.

Wenn ich das Böse überall erwarte, werde ich auch anfangen, alle meine Erfahrungen in diese Richtung zu interpretieren.

Die Freiheitsliebe der Bibel ist wesentlich markanter als die wenigen Stellen, die darüber reden, dass Glauben ein "geistliches Ringen" sei.

Gott ist stärker als das Böse. Jesus sagt seiner Gemeinschaft zu: "Die Pforten der Hölle werden euch nicht überwältigen." Selbst wenn es diese dunklen Mächte gibt.

Wenn uns jemand sagen würde: "Ich liebe dich nur, wenn ...", wüssten wir sofort, dass er uns nicht liebt. Doch Gott liebt die Menschen. Ohne Wenn und Aber.

Wenn ich etwas aus Liebe tue, dann tue ich es gern.

Aufgeklärtes Denken bedeutet, dass ich mich nicht mehr hinter irgendeiner "Du musst"-Struktur verstecke.

Die Bibel betont: "Ein Mensch ist wertvoll, weil Gott ihn liebt, ihn geschaffen und sich für ihn hingegeben hat. Nicht, weil er sich so oder so verhält."

Weil es im Christentum so große Ängste vor der Freiheit gibt, empfinden viele die Kirche und die Religion als ein totalitäres System, in dem man schnell in ein Schema gepresst wird.

Gott liebt Tango
Manchmal versteckt sich Oma Hilde
nach dem Gottesdienst im Saal.
Früher, da war sie mal`ne Wilde,
heute wird ihr jeder Schritt zur Qual.
Und wenn sie endlich ganz allein ist,
erklimmt sie endlich den Altar.
Und dann lacht sie: "Gott ist anders."
Und sie strahlt so wie ein Star:
"Ich bin sicher: Gott liebt Tango,
er tanzt mit mir durch diese Welt,
hält mich fest in seinen Armen
und weiß genau was mir gefällt.
Er führt mich aufs Parkett des Lebens,
mit ihm hab ich so manche Nacht
voller Feuer und mit Liebe
bis zum Morgen durchgemacht!"
Plötzlich da zuckt`s in ihren Gliedern
und die Knie werden weich.
zu den alten, flotten Liedern
legt sie los. Doch da steht bleich
in der Eingangstür der Pfarrer
und es trifft ihn fast ein Schuh.
"Hey", ruft Hilde, "Gott ist anders,
als du predigst. Hör mal zu:
Ich bin sicher: Gott liebt Tango ..."
Gegen Abend sieht der Küster,
und der ist ausnahmsweise nett:
Na, jetzt tanzt auch der Herr Pfarrer,
der singt mit Hilde im Duett:
"Ich bin sicher: Gott liebt Tango ..."

Die Kirchen profitieren von der neuen Sinn-Suche bislang fast gar nicht - weil sie noch für die alten Muster stehen.

Würden die Leute nicht in Scharen in die Kirchen kommen, wenn dort ihr Durst dauerhaft gestillt würde und sie Lust bekämen, sesshaft zu werden?

Dass sich jemand auf seine eigene Frömmigkeitsform etwas einbildet und sich für besser hält als andere, ist für Jesus eine der traurigsten Perversionen des Glaubens.

Wenn man Freiheit richtig versteht, kann sie Leidenschaft entfachen, von Zwängen und Gebundenheiten befreien, ein Lebensfundament geben, die Kommunikation mit anderen verbessern und Gemeinschaften stärken.

Es gehört zum Wesen Gottes, dass er die menschliche Logik übersteigt.

Wer sich und anderen die Chance raubt, zu wachsen, dazuzulernen und sich zu entwickeln, verengt das Dasein. Und leider auch Gott - weil er sein kleines, subjektives Gottesbild für Gott selbst hält.

Selbst eine erfundene Geschichte kann Wesentliches über den Menschen aussagen. Die berühmte Geschichte vom "Verlorenen Sohn" zum Beispiel ist nie passiert, Jesus hat sie sich ausgedacht.

Jede Kirche, die behauptet, sie sei im Besitz der Wahrheit, hat sie nicht.

Statt die Glaubenden zu entmündigen, indem man sie ein wie auch immer geartetes Glaubensbekenntnis unterschreiben lässt, sollte man sie dazu befähigen, ihre Freiheit zu nutzen.

"Was willst du? Was soll ich für dich tun?" (Lk. 18,41) Jesus verkauft keine Patentrezepte, sondern hat ein persönliches Interesse an seinem Gegenüber.

Es gibt offensichtlich unendlich viele Möglichkeiten, Menschen den Weg zu Gott und damit zur Freiheit zu zeigen.


l ä n g e r e  Leseprobe dazu:
Sehr schön kann man die Entwicklung von der Hochachtung des Einzelnen bei Jesu zur späteren Gleichmacherei übrigens an der Sprache zeigen. Im Johannesevangelium wird erzählt, wie Nikodemus, ein jüdischer Geistlicher, zu Jesus kommt, um mit ihm zu reden...
Schon nach kurzer Zeit sagt Jesus zu dem Gelehrten einen Satz, der diesen völlig durcheinanderbringt: "Du kannst die Wirklichkeit Gottes erst sehen, wenn du neu geboren bist."(Joh. 3,1-21) Wie bitte? Nikodemus fragt nach, die beiden diskutieren eifrig - man hat nicht das Gefühl, dass Nikodemus wirklich begriffen hätte, was Jesus von ihm will. Entscheidend für uns ist: Jesus sagt diesen Satz ausschließlich zu Nikodemus. Nicht zu seinen Jüngern und auch sonst niemandem. Vielleicht, weil Jesus die persönliche Verbindung eines Menschen zu Gott gern auf ganz persönliche und deshalb auch ganz unterschiedliche Weise deutlich macht: Einmal spricht er vom "lebendigen Wasser", das er ausschenkt, einmal vergibt er die Sünden, einmal feiert er mit jemandem ein großes Fest, einmal füllt er ein Fischernetz und ein andermal weckt er jemanden von den Toten auf.
Es gibt offensichtlich unendlich viele Möglichkeiten, Menschen den Weg zu Gott und damit zur Freiheit zu zeigen. Das ganz persönlich verwendete Bild von der Wiedergeburt ist trotzdem in vielen christlichen Strömungen zu einem allgemeinverbindlichen Leitwort geworden. Ja einige Gruppen hängen das Christsein förmlich an der Frage auf, ob jemand "wiedergeboren" ist oder nicht. Nur um das klarzustellen: Wir haben nichts gegen dieses Bild. Wie könnten wir? Es beschreibt sehr schön, was mit einem Menschen passiert, der sich auf die Liebe Gottes einlässt: Er fühlt sich wie neugeboren. Kritisch ist nur, wenn dieses Bild zum allein selig machenden Prinzip erhoben wird: "Du musst neugeboren werden..."
Tatsache ist nämlich, dass die Realität völlig anders aussieht. In der Studie "Finding faith today" hat der anglikanische Bischof John Finney untersucht, wie Menschen zum Glauben kommen, und nachgewiesen, dass selbst in den sogenannten "evangelikalen" Kreisen, in denen die Formel "Ich bin ein wiedergeborener Christ" intensiv gepflegt wird, 63 % der Menschen überhaupt keine spontane "Wiedergeburt" erleben, sondern ein ganz langsames Hineinwachsen in den Glauben (in nicht evangelikalen Kreisen sind es sogar erheblich mehr). Das soll keine Schelte sein. Es ist wunderbar, wenn 37 % ein so markantes Bekehrungserlebnis hatten, dass sie es als Wiedergeburt bezeichnen. Nur: Menschen, die das nicht erleben, sind nicht automatisch schlechtere oder gar überhaupt keine Christen. Gott ist mit ihnen einfach einen anderen Weg gegangen. Diese Leute haben zumeist nach und nach entdeckt, wie gut es tut, sich für Gottes Wirklichkeit zu öffnen. Bei dem einen hat es 2 Jahre gedauert, bei dem anderen 10 (laut der Studie sind es im Durchschnitt 5 Jahre).

Das können viele Institutionen und Glaubensrichtungen nicht verkraften. Sie wollen, dass Gott immer gleich handelt - und verfehlen Ihn dadurch völlig. Sie binden Gott an bestimmte Formeln und nehmen nicht nur sich, sondern auch Ihm die Freiheit: "Man muss wiedergeboren sein. - Man muss die historischen Hintergründe verstanden haben. - Man muss Gott feministisch als Frau sehen. - Man muss den Heiligen Geist empfangen haben. - Man muss Sozialarbeit leisten. - Man muss die Bibel regelmäßig lesen. - Man muss seine Schuld bekannt haben. Man muss, man muss, man muss ..." Jeder dieser Aspekte kann in bestimmten Situationen durchaus segensreich sein - und in anderen eher ein Fluch. Nämlich dann, wenn er zum allgemeinen Gesetz erhoben wird. Und dann, wenn das System über den Menschen gesetzt wird und man Gott nicht mehr zutraut, dass er möglicherweise in diesem oder jenem Fall ganz anders handelt, um die Liebe zu fördern.
Jedes totalitäre System erwartet vom Menschen, dass er sich unterordnet. Jesus wollte etwas ganz anderes: Er wollte, dass der Mensch von lebensfeindlichen Zwängen frei wird. Und damit sind wir wieder ganz nah an der Aufklärung. Der Philosoph Immanuel Kant schrieb ja: Aufklärung ist "der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit". Ein befreiter und befreiender Glaube ist also höchst aufgeklärt. So wie alle Strukturen, die Menschen unmündig halten, nicht aufgeklärt sind, ganz gleich ob im geistlichen oder im politischen Bereich. Schon in den ersten Kapitlen der Bibel lässt Gott die Menschen selbstständig denken und handeln, weil überhaupt nur dann ihre Entscheidung für ein Leben mit Gott ernst zu nehmen ist. Wer sich aus Angst, Anpassungssucht, Minderwertigkeitsgefühl oder Interesse am Gewinn dem Glauben zuwendet, erfährt alles Mögliche, aber vermutlich nicht die Liebe Gottes.

Wer aufgrund von Geboten handelt, reagiert nur oder handelt aus Pflichtgefühl. Wer Verantwortung empfindet, agiert mit persönlicher Hingabe.

Eine Gemeinde, die wirklich Lust auf Gemeinschaft macht, weil sie sich nicht über Wahrheiten, sondern über die Liebe definiert, wird sich vor dem Ansturm neuer Mitglieder gar nicht retten können.

Wer nicht lernen will, sollte auch nicht missionieren.

Legitime Nachfolger Christi sind wir erst, wenn wir die konfessionellen Grenzen sprengen.

Freiheit Nr.6 lautet: Du darfst von einer Gemeinschaft träumen, in der die Grenzen der Gesellschaft von der Liebe überwunden werden und in der du dich nicht mehr schützen musst. Diese Gemeinschaft ist größer als jede kirchliche Gruppe und verbindet die Glaubenden weltweit. Zu dieser Gemeinschaft bist du von Gott eingeladen. Darum fordere sie ein und gestalte sie zugleich tatkräftig mit.

 

Martin Schultheiss - Fabian Vogt: Glauben ist ganz einfach - wenn man nicht muss
Brendow Verlag und Medien: ISBN 978-3-86506-200-0

Bin weitgehend einverstanden, mit dem was die beiden durchpflügen, hab auch nur punktuell die Themen reingenommen, die sie im Buch aber dann erfrischend ausarbeiten,
im Weltbild-Verlag für € 14,95 oder bei mir ausleihen!

Schönen Tag noch - Winfra